Fast auf den Tag genau vor 10 Jahren gewann Nils Dunkel als erster Erfurter Turner überhaupt einen deutschen Jugendmeistertitel im Gerätturnen. Die Euphorie war damals überwältigend. Trotzdem hat keiner daran geglaubt, dass er in den nachfolgenden Jahren an allen weltweit möglichen Meisterschaften teilnehmen wird und mit der Qualifikation für die Olympischen Spiele 2020/2021 in Tokio einen absoluten Höhepunkt in seiner Karriere setzen wird.

 

Die Sensation der Olympiateilnahme liegt jedoch bereits einige Monate zurück. Als Nils Dunkel sich am 11.04.2021 beim letzten Testwettkampf vor den Europameisterschaften das Syndesmoseband im Sprunggelenk abgerissen hat fiel nicht nur die EM- Teilnahme aus. Auch der Traum eines jeden Leistungssportlers – einmal bei Olympia dabei zu sein – geriet ins Wanken. Im Normalfall beträgt die sportliche Ausfallzeit 3-6 Monate.

In den darauffolgenden Wochen konnte ich als Vater und Heimtrainer einiges von meinem Sohn lernen. Zielstrebigkeit, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen gekoppelt mit dem festen Glauben an den Erfolg. Dabei sind es weniger die großen Trainingseinheiten die ihn vorangebracht haben. Es ist das hineinhören in den eigenen Körper, die beharrliche Organisation von Physiotherapieeinheiten, Arztbesuchen und des Rehatrainings, das Ausreizen des medizinisch maximal Möglichen, das fast stündliche eigenständige Faszientraining und eine große Menge Glück. Glück von fachlich hochkompetenten Ärzte und Physiotherapeuten betreut worden zu sein. Aber auch Glück, dass sein Körper in einer derart guten Verfassung war, dass er in einem rekordverdächtigen Tempo genesen konnte.

Acht Wochen nach dem Unfall gewann er dann sensationell den Vizemeistertitel bei den Deutschen Meisterschaften und holte seinen Titelhattrick am Pauschenpferd. Logisch, dass er dabei den Dank an sein Ärzte- und Physiotherapeutenteam nicht vergessen hat.

Vier Wochen später ging es dann nach Japan. Zunächst hieß es in einem zehntägigen Trainingslager an der Westküste sich an Klima und Zeitverschiebung anzupassen und die Originalgeräte zu testen. Am 18.07.2021 durfte das deutsche Team dann ins Olympische Dorf einziehen und sich auf den wichtigsten Wettkampf vorbereiten. In vielen Teamsitzungen wurden die Trainingsleistungen ausgewertet und die Wettkampftaktik- und Startreihenfolge festgelegt. Oberstes Ziel war das Erreichen des Teamfinales. Dem untergeordnet waren die Einzelfinals und das Mehrkampffinale. Damit hieß die Devise für Nils am Pauschenpferd lieber eine mannschaftsdienliche, sichere Übung zu zeigen als mit einer hochriskanten Übung den Einzug in das Gerätefinale zu versuchen.

Wer das Glück hatte, den Wettkampf live via ZDF-Livestream zu verfolgen benötigte schon gute Herztropfen. Es war schlichtweg der perfekte Wettkampf. Selbst der Reporter überschlug sich mit immer größer werdenden Superlativen und war außer sich als das Erreichen des Teamfinales in greifbarer Nähe war. Dem Trainerteam ist es gelungen, die Mannschaft physisch und psychisch perfekt einzustellen. Jeder der vier Männer hatte seine Aufgaben super erfüllt. Der sechste Platz zeigt, dass die deutschen Männer Anschluss an die Weltspitze halten können. Leider konnten sie im Teamfinale zwei Tage später nicht noch einmal diese Leistung abrufen. Die Enttäuschung über den 8. Platz wird aber weichen und die Freude über das Erreichte wird in Erinnerung bleiben.

Für Nils geht es heute zurück nach Deutschland. Die restlichen Spiele wird er dann von zu Hause aus beobachten und sich seinem wohlverdienten Urlaub gönnen.

Im Herbst startet er in der Bundesliga für den TuS Vinnhorst. Die Weltmeisterschaften wird er nach aktuellem Stand auslassen. Der nächste internationale Höhepunkt ist die Heim-EM in München nächstes Jahr.

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